Das auf der Homepage der CDU Horn-Bad Meinberg (HBM) am 28.08.24 erschienene Positionspapier mit dem Titel „CDU fordert Planungsstopp für Mobilheime“ thematisiert die von der Verwaltung geplante Errichtung von Flüchtlingsunterkünften in der Tillestraße. Darin lehnen die Autoren Patrick Pauleikhoff und Michael Ruttner, beide CDU Horn und Mitglieder des Stadtrats, die Errichtung von Flüchtlingsunterkünften in der Tillestraße und jegliche Verantwortung für dieses Vorhaben ab und fordern einen sofortigen Planungsstopp.

Argumentation mit Lücken

Einleitend berichten die Autoren, dass in der vorausgegangenen Woche bekannt geworden sei, dass der Bürgermeister der Stadt HBM die Ausweisung städtischer Flächen für Flüchtlingsunterkünfte plane und dahingehend die Anschaffung entsprechender Container und die Stellung eines Bauantrags beauftragt habe. Das beschriebene Verwaltungshandeln sei ohne die Beteiligung der politischen Vertreter im Alleingang geschehen. 

Öffentlich bekannt wurde diese Information durch eine Pressemitteilung der Stadt, welche am 21.08.2024 veröffentlicht wurde, worauf sich die Autoren möglicherweise beziehen. Aber auch im Vorfeld wurde in Ausschüssen darüber berichtet, dass Unterbringungskapazitäten nahezu ausgeschöpft sind und die Verwaltung eine vorsorgliche Erweiterung dieser Kapazitäten anstrebt.

Im Anschluss wird Michael Ruttner zitiert, der die Planungen der Stadt ohne Einbeziehung der politischen Vertreter kritisiert und einen „sofortigen Planungsstopp“ fordert. Für die CDU schließt Herr Ruttner aus, dass Sie dafür politische Verantwortung übernehmen.

Im weiteren Verlauf behauptet Herr Ruttner aus nicht näher genannten Fachausschüssen und einer nicht näher benannten Informationsveranstaltung mit einer nicht benannten leitenden Mitarbeiterin des Kreises Lippe, dass eine Vielzahl der in städtischen Flüchtlingswohnheimen untergebrachten Flüchtlinge „ausschließlich subsidiären Schutz“ genießen würden und somit nur geduldet seien. Dieser Umstand führe bereits zu einer hohen Kapazitätsauslastung.

Genaue Zahlen nennt Herr Ruttner nicht. Zudem reduziert Herr Ruttner den subsidiären Schutz, der seit der durch die Bundesregierung 2013 umgesetzten EU-Richtlinie zur institutionalisierten Schutzstatusform aufgewertet wurde, auf eine Duldung, welche suggeriert man könne diese jederzeit widerrufen. Subsidiärer Schutz erhalten hingegen alle Personen, die einer entsprechenden Prüfung standhalten und ihre Schutzbedürftigkeit nachgewiesen haben.

Weiter verweist Herr Ruttner in der Folge auf Integrationsprobleme mit EU-Bürgern in der Innenstadt von Horn und bezeichnet diese als stadtbildprägend. Diese Probleme würden zu einer hohen Arbeitsbelastung der Verwaltung führen. Die Kapazitäten seien erschöpft laut Herrn Ruttner erschöpft.

Dauerhafte Lösung?

Herr Pauleikhoff behauptet im Anschluss, dass mit den „Mobilheimen“ eine dauerhafte Lösung gefunden wurde, die kostenintensiv sei und den Haushalt der Stadt belaste, zumal eine fortwährende Betreuung sichergestellt werden müsse.

Für welches Problem die von so genannten „Mobilheime“ dauerhaft lösen sollen, bleibt unklar. Inwiefern der Haushalt der Stadt belastet wird, bleibt ebenfalls unklar. In der Pressemitteilung der Stadt ist von Landesmitteln die Rede, welche für die „übergangsweise“ Aufstellung von Wohncontainern genutzt werden sollen. Tatsächlich hat das Land Ende 2023 über 800 Millionen zur Unterbringung und Versorgung Schutzsuchender für die NRW-Kommunen bereitgestellt. Der Stadt Horn-Bad Meinberg wurden aus diesen Mittel über eine halbe Millionen Euro zugewiesen.

Ergänzend kritisiert Herr Pauleikhoff, dass der Bürgermeister keine Informationen darüber weitergegeben habe, wie viele „Integrations-, Kita-, und Schulplätze“ zur Verfügung stünden, damit die Menschen sozialverträgliche aufgenommen werden könnten. 

Die Planungen befinden sich laut Pressemitteilung der Stadt jedoch in einem frühen Stadium, ob entsprechende Informationen in den anstehenden Ausschüssen weitergegeben werden bleibt offen.

Abschließend bewerten Herr Ruttner und Herr Pauleikhoff die von der Stadt geplante Informationsveranstaltung als überflüssig, da die Entscheidung für den Standort bereits gefallen sei. Sie appellieren an den Bürgermeister eine Überlastung der städtischen Einrichtungen zu vermeiden und einen sofortigen Planungsstopp zu veranlassen.

Weiterhin fordern Sie den Bürgermeister auf sich für eine konsequente Abschiebung bei Kreis und Land einzusetzen und Informationen zum Fachkräftezuwanderungsgesetz an Nichtbleibeberechtigte weiterzugeben.

Nicht deutlich wird jedoch, wer aus Sicht des Herrn Ruttner und des Herrn Pauleikhoff abgeschoben werden soll, da es sich nach eigener Aussage bei einer „Vielzahl“ der Flüchtlinge in HBM um subsidiär Schutzbedürftige handelt, die in der Regel nicht abgeschoben werden solange die Gründe für den Schutzstatus noch vorliegen.

Worum es der CDU geht

Die Autoren verwenden eine Vielzahl eher negativ eingesetzter Begriffe wie „eigenmächtig“, „Alleingang“ „angespannte Kassenlage“, „im Unklaren lassen“, um damit den aus Ihrer Sicht Verantwortlichen in ein schlechtes Licht zu rücken. Des Weiteren berufen Sie sich auf eine jedoch nicht näher genannte Autorität, ein leitende Mitarbeiterin des Kreises Lippe, um ihrem Argument Nachdruck zu verleihen, dass die Flüchtlingsunterkünfte in HBM zu unrecht überlastet seien und lediglich eine konsequente Abschiebung nötig sei, um Platz zu machen. Dabei verwenden Sie den Begriff der Duldung, um den Eindruck zu erwecken es handle sich um Personen, deren Aufenthaltsrecht jederzeit beendet werden könne.

Die Intention der Autoren ist es den Bürgermeister für die Planung von Flüchtlingsunterkünften zu kritisieren. Weiterhin möchten die Autoren vor einer Überlastung der städtischen Verwaltung warnen, sowie durch die Herstellung eines Bezugs zwischen Flüchtlingen und den Integrationsproblemen mit bestimmten EU-Bürgern Befürchtungen  bei der Bevölkerung wecken. Zudem möchten die Autoren an den Bürgermeister appellieren die Planungen für die Flüchtlingsunterkünfte zu stoppen.

Eine Überlastung der Kommune?

Die Autoren kritisieren die geplanten Flüchtlingsunterkünfte auf zwei Ebenen. Zum einen ist da die Kritik, die sich auf eine Überlastung der Verwaltung, der Aufnahmekapazität der Stadt und der städtischen Finanzen beruft. Alle diese Punkte bleiben jedoch auf der Ebene der Vermutungen und Behauptungen stehen. Eine Überlastung der Verwaltung bleibt Vermutung, das die Stadt keine Kapazitäten in sozialen Einrichtungen habe wird lediglich mit dem Verweis angedeutet, der Bürgermeister habe hierzu keine Informationen weitergegeben. Ob danach gefragt wurde, bleibt offen.

Die Aufnahme weiterer Flüchtlinge wird zu einer Belastung führen, ganz klar. Hier wären dann Verwaltung und Politik gefragt dieser Mehrbelastung durch geeignete Maßnahmen zu begegnen. Eine finanzielle Überlastung wird ebenfalls nur behauptet. Dabei ist davon auszugehen, dass für die Unterbringung von Flüchtlingen Bundes- und Landesmittel zur Verfügung stehen. Darüber könnten die Autoren als Ratsmitglieder durchaus Kenntnis haben. Ob diese Mittel auch nachhaltig ausreichen ist hingegen offen und müsste thematisiert werden. Falls dies nicht der Fall ist, sind das Land und der Bund gefragt die finanziellen Mittel bereit zu stellen.

Alleingang der Verwaltung?

Zum anderen ist da die Kritik an der vermeintlich „eigenmächtigen“ Planung, die von der Verwaltung, respektive Bürgermeister, im Alleingang durchgeführt worden sei. Hierfür wolle man keine politische Verantwortung übernehmen. Richtig ist, dass der politische Raum sehr spät über einen Standort für weitere Flüchtlingsunterkünfte informiert wurde, und dann zu einem Zeitpunkt, an dem wesentliche Entscheidungen nach einem Abwägungsprozess innerhalb der Verwaltung schon getroffen wurden. Hier ist Kritik in Teilen durchaus berechtigt und führt zu der Frage, warum hier nicht früher kommuniziert wurde, und warum der von den Bürgerinnen und Bürgern gewählte Teil der Verwaltung nicht stärker am Entscheidungsprozess beteiligt wurde.

Richtig ist aber auch, dass es bereits zuvor immer wieder Hinweise in den entsprechenden Ausschüssen gegeben hat, dass die Unterbringungskapazitäten nahezu ausgeschöpft sind und die Verwaltung möglicherweise weitere Kapazitäten schaffen muss. Insofern lässt sich vermuten, dass der Stadtrat sich mit dieser Aussage bisher zufrieden gegeben hat, und gerade die CDU Horn gibt nun wenig nachvollziehbar die Überraschte.

Eine überflüssige Informationsveranstaltung?

In diesem Zusammenhang ist auch die Kritik an der Informationsveranstaltung zu sehen. Ist diese aufgrund des Stands der Planungen überflüssig? Nein, durchaus nicht. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Richtig ist, es sind bereits Entscheidungen getroffen worden und eine frühzeitigere Kommunikation der Sachlage auch in Richtung der Öffentlichkeit ist angezeigt gewesen. Falsch ist jedoch, dass die geplante Informationsveranstaltung den Bürgerinnen und Bürgern deshalb keinen Nutzen mehr bringt. Das Gegenteil ist der Fall. Diese Informationsveranstaltung kann gerade für die direkt betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner wichtig sein, um Fragen zu klären und bestehende Ängste zu artikulieren.

Denn zur Ehrlichkeit und er Kommunikation gehört auch, dass der Bau von Flüchtlingsunterkünften Sorgen und Ängste hevorruft. Dabei ist es unbedeutend, ob diese berechtigt sind. Da braucht es Information und Einordnung. Auch kann der Prozess erläutert werden, der letztlich zur Entscheidung führte Wohncontainer in der Tillestraße aufzustellen. Hier muss klar dargestellt werden, dass dies keine willkürliche Entscheidung gewesen ist. Information und Kommunikation bleiben wichtig. Zugleich muss in Zukunft frühzeitig informiert und kommuniziert werden.

Planung stoppen, alles auf anfang?

Zentrale Forderung der CDU-Horn ist die Planungen zu stoppen. Sollte es diesen Planungsstopp geben? Richtig ist, dass die schlechte Kommunikation im Vorfeld viel Vertrauen gekostet hat. Ein Planungsstopp könnte hier zunächst einmal Gemüter beruhigen und die Möglichkeit bieten neu in die Debatte zu kommen. Die Darstellung der Stadt in der Pressemitteilung weist aber auch darauf hin, dass von Seiten der Verwaltung verschiedene Lösungen abgewogen wurden. Darüber hinaus stellt sich jedoch die Frage, was ein Planungsstopp, sollte die Entscheidung der Verwaltung nachvollziehbar und ohne gangbare Alternative sein, bedeutet, wenn am Ende eine Wiederaufnahme der Planungen steht?

Sicher, der Entscheidung würde auf der einen Seite eine erneute Abwägung vorangehen, welche in der Öffentlichkeit nachvollzogen und zu mehr Verständnis führen könnte. Auf der anderen Seite zieht sich dadurch die Planung in die Länge und erhöht das Risiko bei einer kurzfristigen Zuweisung von Flüchtlingen ohne Unterkünfte da zu stehen und dann übergangsweise auf die Turnhallen der Stadt zurückgreifen zu müssen. Hier ist eine Abwägung zu treffen, was an diesem Punkt gewichtiger ist. Die Information der Bürger kann, auch wenn unbefriedigend, kurzfristig nachgeholt werden. Unterkünfte hingegen können nicht kurzfristig aufgestellt werden, sondern müssten dann in städtischen Gebäuden kurzfristig hergerichtet werden.

Keine Verantwortung übernehmen?

Abschließend drängt sich der Schluss auf, dass die Forderungen der Autoren insgesamt den Versuch darstellen sich – auch angesichts der in Teilen ablehnenden und zum Teil aggressiven Stimmung innerhalb der Bevölkerung im Hinblick auf das Vorhaben der Verwaltung – der Verantwortung für die Unterbringung von Flüchtlingen zu entziehen. Eine Verantwortung, der sich die Verwaltung nicht entziehen kann. So heißt es im Flüchtlingsaufnahmegesetz §1, dass die Gemeinden verpflichtet sind „ausländische Flüchtlinge“ aufzunehmen und unterzubringen. Die Zuteilung erfolgt nach Einwohner- und Flächenschlüssel (§3). Das bedeutet letztlich, dass die Kommunen weder entscheiden können, ob Flüchtlinge aufgenommen werden noch darüber wie viele aufgenommen werden. 

Die Verantwortung für die Aufnahme und Unterbringung einer gemäß der Einwohnerzahl und Fläche Horn-Bad Meinberg gegebenen Anzahl an Flüchtlingen hat die Verwaltung. Der Rat als Teil der Verwaltung kann sich dieser Verantwortung ebensowenig entziehen. Es kann darüber diskutiert werden, ob zu spät informiert wurde oder ob es alternative Standorte gibt. Der Verantwortung für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen kann Verwaltung und Rat nicht entziehen. Schon gar nicht, indem von der CDU Horn proklamiert wird, dass die Kapazitäten der Stadt erschöpft seien.

Das mag vielleicht zutreffen oder auch nicht, ändert jedoch nichts daran, dass die Frage der Kapazitätsgrenze nicht im Horner Rathaus und nicht vom Bürgermeister entschieden werden. Am Ende müssen die Flüchtlinge untergebracht werden. Ist dies in bestehenden Einrichtungen nicht möglich, muss die Verwaltung weitere Kapazitäten schaffen. Dafür hat das Land Mittel bereit gestellt. Sollte die Stadt Horn-Bad Meinberg nun weitere Flüchtlinge zugewiesen bekommen, sollten ausreichend Unterkünfte bereitstehen. Dafür braucht es am Ende machbare Lösungen. Wohncontainer sind eine Lösung. Turnhallen sind es meiner Ansicht nach nicht.