Es ist ruhig geworden um die „große Lösung“ für das Badehaus Bad Meinberg. Die jahrelangen Verhandlungen mit der Interspa, die mit Hotelplänen und Wellness-Versprechen lange Zeit die politische Debatte in Horn-Bad Meinberg dominierten, sind beendet. Spätestens mit dem Ratsbeschluss vom 17. Juni 2025 ist klar: Es wird keinen externen Investor geben, der der Stadt das Risiko und die Finanzierung abnimmt.
Die Politik ist auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Die Frage ist, ob auch alle anderen die Lage erkennen. Die aktuelle Diskussion jedenfalls droht, die falschen Schlüsse zu ziehen. Das nun vorliegende Gutachten der Firma TGAlytics, welches bei der Sitzung des Haupt- und Finanzausschuss am 09.12.2025 im Rahmen einer Mitteilungsvorlage vorgestellt werden soll, liefert zwar erste wichtige Daten, doch wer jetzt isoliert auf die Sanierungskosten starrt, übersieht das eigentliche strategische Risiko. Wir laufen Gefahr, viel Geld in den Erhalt der Vergangenheit zu investieren, während wir die Fristen für die Finanzierung der Zukunft verpassen.
Der technische Realitätscheck
Die Hoffnung, das Badehaus könne mit überschaubarem Aufwand und viel ehrenamtlichem Engagement kurzfristig wiedereröffnet werden, kollidiert mit der technischen Realität des seit 2019 leerstehenden Gebäudes.
Der Bericht spricht eine deutliche Sprache: Das Außenbecken wird als „Totalschaden“ klassifiziert. Frostschäden und Pflanzenwuchs haben hier Fakten geschaffen. Eine Diskussion über das Badehaus ist somit faktisch nur noch eine Diskussion über das Gebäude mit seinen Schwimmflächen.
Die „Netto-Falle“ in der Kostenschätzung
Für die Entscheidungsfindung im Rat ist ein genauer Blick auf die Zahlen unerlässlich. Die Verwaltungsvorlage nennt für eine bloße Wiederinbetriebnahme („Strategieentwicklung“ und Instandsetzung) im Worst-Case-Szenario Kosten von über 1,5 Millionen Euro.
Hier ist jedoch Vorsicht geboten: In Bauvorlagen dieser Art wird meist mit Netto-Baukosten für die reinen Gewerkleistungen kalkuliert. Für den städtischen Haushalt stellt sich die Rechnung anders dar:
- Steuerlast: Da es sich um einen defizitären Betrieb handelt, ist die volle Umsatzsteuer (19 %) einkalkulierbar.
- Baunebenkosten: Honorare für Fachplanungen und Bauleitung (ca. 15–20 %) sind in reinen Maßnahmenlisten oft noch nicht vollständig abgebildet.
- Risikozuschlag: Bei einer als „abgängig“ bezeichneten Gebäudesubstanz ist ein Puffer für Unvorhergesehenes zwingend.
Realistisch betrachtet bewegen wir uns für eine reine Interimslösung – also einen Betrieb für nur drei bis fünf Jahre – auf eine Belastung von rund 2 Millionen Euro zu. Da es sich hier ausschließlich um eine Instandhaltung handelt, muss die Stadt diese Summe vollständig aus Eigenmitteln bestreiten. Es gibt hierfür keine Fördermittel. Eine Garantie, dass diese Mittel ausreichen gibt es ebenfalls nicht.
Das strategische Dilemma: Der 15. Januar 2026
Während wir über die Kosten der Instandsetzung für einen zeitlich begrenzten Interimsbetrieb diskutieren (von den Betriebskosten ist bisher noch gar keine Rede), hat sich aufgrund der Entwicklungen im Bund ein kurzes Zeitfenster für eine echte Lösung geöffnet – und es droht sich fast unbemerkt wieder zu schließen.
Aktuell läuft der Projektaufruf für das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Sportstätten“ (SKS). Hier winken Fördermittel in Millionenhöhe. Die Frist für die Einreichung der qualifizierten Projektskizze endet jedoch bereits am 15. Januar 2026.
Das Problem: Der Bund fördert primär Sanierungen. Ersatzneubauten sind nur in begründeten Ausnahmefällen förderfähig – nämlich dann, wenn eine Sanierung wirtschaftlich unvertretbar ist.
Die aktuellen Gutachten liefern genau diese Argumente: Ein Totalschaden im Außenbereich und eine abgängige Haustechnik belegen, dass eine Sanierung wirtschaftlich fragwürdig ist. Um jedoch den Antrag für einen (geförderten) Neubau stellen zu können, muss dieser Wirtschaftlichkeitsvergleich bis Mitte Januar vorliegen. Allenfalls die Hoffnung, dass die erforderlichen Angaben einer Interessenbekundung nicht zu umfangreich sind, lässt hoffen.
Der Blick auf das Gesamtbild
Die Situation wird dadurch verschärft, dass Horn-Bad Meinberg ein doppeltes Bäder-Problem hat. Parallel zur Debatte um das Badehaus Bad Meinberg ist die Kleinschwimmhalle am Schulzentrum nur noch eingeschränkt nutzbar. Nach einem Defekt des Hubbodens im September 2025 ist das Becken dauerhaft fixiert; ein variabler Betrieb für Schulschwimmen und Wassergewöhnung ist nicht mehr möglich.

Anstatt zwei marode Standorte künstlich am Leben zu halten, wäre ein geförderter Ersatzneubau (beispielsweise als Zentralbad am Schulzentrum) die betriebswirtschaftlich und ökologisch vernünftigere Option.
Fazit
Der Rat hat im Juni 2025 nicht zuletzt auf Drängen der SPD Horn-Bad Meinberg weitsichtig entschieden, nicht nur Sanierungskosten, sondern auch Neubau-Optionen prüfen zu lassen. Dieser Auftrag muss nun Priorität haben.
Es wäre fahrlässig, jetzt 165.000 Euro für weitere Detailprüfungen im alten Badehaus freizugeben, wenn die fehlenden Vergleichszahlen dazu führen, dass wir die Förderdeadline am 15. Januar für einen Ersatzbau verpassen.
Die „Interspa-Illusion“ ist vorbei. Wir dürfen sie nicht durch eine „Interims-Illusion“ ersetzen. Es gilt jetzt, die Wirtschaftlichkeit nüchtern zu vergleichen und rechtzeitig die Anträge zu stellen, die der Stadt langfristig Handlungsspielraum sichern.

