Die Brunnenstraße ist eine wichtige Wohn- und Verbindungsstraße in Horn-Bad Meinberg. Im äußeren Bereich gilt Tempo 30, im Kernbereich Tempo 20. Trotz dieser Beschränkungen wird häufig zu schnell gefahren. Dazu kommt Durchgangsverkehr, der die Straße als Abkürzung nutzt, sowie der Bring- und Holverkehr zur Grundschule Am Müllerberg. Für eine Stadt mit rund 17.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist das mehr als ein alltäglicher Ärger. Es geht um Sicherheit, Lebensqualität und um das Miteinander auf kurzen Wegen, denn hier kennt man sich und begegnet sich regelmäßig zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Auto.

Folgen im Alltag für Anwohner, Kinder und ältere Menschen

Die Folgen spüren zuerst die Menschen, die an der Straße wohnen. Höhere Geschwindigkeiten bedeuten Lärm, weniger Sicherheit beim Ein- und Ausparken und eine unsichere Überquerung der Straße. Wer mit Kindern, Kinderwagen oder Einkäufen unterwegs ist, braucht mehr Zeit und Geduld. Kinder sind besonders gefährdet, weil sie Geschwindigkeiten und Entfernungen schwer einschätzen können und in den Spitzenzeiten am Morgen und Mittag viele Bewegungen gleichzeitig stattfinden.

Ältere Menschen und Personen mit eingeschränkter Mobilität benötigen zudem mehr Zeit die Straße zu überqueren. Wenn hohes Tempo, zugeparkte Kreuzungsbereiche und fehlende Querungshilfen zusammenkommen, entsteht Unsicherheit. Manche vermeiden dann Wege zu Fuß, was der Gesundheit und der Teilhabe schadet. Entscheidend ist nicht der Durchschnitt, sondern das Tempo der Schnellsten und die Verkehrsspitzen zu Schulbeginn und Schulschluss. Genau dort entstehen Stress und riskante Situationen. Die Brunnenstraße ist ein Beispiel dafür wie Anwohnerinnen und Anwohner, Schulkinder und ältere Menschen durch den Durchgangsverkehr stark belastet werden.

Brunnenstraße
Brunnenstraße, Ecke Müllerberg

Was wir selbst tun können

Besser wird es nicht erst mit Straßenschwellen oder festen Hindernissen auf der Fahrbahn, sondern mit unserem Verhalten. Wer Tempo 20 im Kernbereich der Brunnenstraße ernst nimmt, merkt, dass sich die eigene Fahrzeit kaum ändert, die Sicherheit jedoch deutlich steigt. Eltern können Elterntaxis reduzieren, wo es möglich ist, und kurze Wege zu Fuß oder mit dem Rad wählen.

Für weitere Anfahrten helfen gut markierte Kiss & Go Punkte außerhalb des unmittelbaren Schulumfelds. Kreuzungen sollten frei bleiben, denn freie Sicht ist eine einfache und wirksame Sicherheitsmaßnahme. In einer kleinen Stadt sind viele Wege kurz. Das macht den Fuß und Radverkehr attraktiv und entlastet die Straße. Rücksicht, Blickkontakt und ein Moment Geduld senken die Zahl der Konflikte spürbar.

Perspektiven für Politik und Verwaltung

Politik und Verwaltung können den Rahmen setzen, der zu einer Stadt dieser Größe passt. Ziel müsste es sein, Durchgangsverkehr unattraktiv zu machen, ohne die Erreichbarkeit der Anwohnenden zu verschlechtern. Dazu eignen sich Modalfilter in kleinem Maßstab, etwa herausnehmbare Poller oder eine Diagonalsperre, die die reine Geradeausfahrt im Kern unterbrechen, während Radfahrende, zu Fuß Gehende, Anliegerinnen und Anlieger sowie Rettungsdienste weiterhin durchkommen. Gerade versenkbare Roller sind aus meiner Sicht ein Mittel den Durchgangsverkehr auszubremsen und zugleich Rettungsfahrzeugen eine Durchfahrt im Notfall zu ermöglichen. Ergänzend lassen sich Einbahnregelungen an passenden Abschnitten prüfen, um Schleichverkehr auszubremsen und die Verkehrsströme auf die dafür vorgesehenen Hauptachsen zu lenken.

Schulweg sicher gestalten

Besonders wichtig ist der Schulweg. Hier wurde in den vergangenen Jahren das Mittel der Schulstraßen für eine Steigerung der Sicherheit in vielen Städten getestet. Es lohnt sich dies auch für die Grundschule in Bad Meinberg prüfen. Eine zeitlich befristete Schulstraße am Müllerberg an Schultagen am Morgen und am Mittag schafft Ruhe in den sensibelsten Minuten. Anwohnende können mit Ausnahmen weiter fahren. Kiss & Go Zonen zum Beispiel in der Brunnenstraße entlasten den unmittelbaren Schul- und OGS-Bereich, wenn sie gut markiert sind und die Schule die Abläufe mit den Eltern kommuniziert.

Diagonalsperre als Teil eines Superblocks (Leipzig 2023)
Diagonalsperre als Teil eines Superblocks (Leipzig 2023)

Tempo wirksam dämpfen

Damit das Tempo im Alltag wirklich sinkt, helfen bauliche Akzente an wenigen, aber gut gewählten Stellen. Aufpflasterungen und Gehwegnasen an Querungen holen Geschwindigkeit heraus und verkürzen Wege. In den Bereichen mit Tempo 30 lassen sich an einigen Punkten Geschwindigkeitskissen einsetzen, nicht flächendeckend, sondern dort, wo sie nachweislich wirken. An den Einfahrten in die Brunnenstraße erinnern möglicherweise Dialog Displays an die zulässige Geschwindigkeit und sind besonders zum Projektstart hilfreich.

Ordnung und Sicht tragen ebenfalls zur Sicherheit bei. Markierte und freigehaltene Kreuzungsbereiche erleichtern das Queren, Fahrradbügel an Ecken verhindern regelwidriges Parken, und einzelne Pflanzkübel können Ströme lenkend bündeln und zugleich die Aufenthaltsqualität erhöhen. So entsteht Schritt für Schritt ein ruhigeres Straßenbild, das allen zugutekommt.

Messen, lernen, nachsteuern

Wesentlich ist ein Vorgehen nach dem Prinzip messen, lernen, nachsteuern. Vor der Umsetzung sollte erhoben werden, wie schnell und wie viel gefahren wird und wo es zu Konflikten kommt. Nach der Umsetzung werden die gleichen Daten erneut erhoben. Eine Zwischenbilanz nach sechs Monaten könnte uns zeigen, was funktioniert und wo nachjustiert werden muss. Ein Runder Tisch mit Schule, Elternvertretung, Feuerwehr, ÖPNV und Anwohnerschaft wäre eine institutionalisierte Möglichkeit, dass Rückmeldungen zügig in Verbesserungen übersetzt werden. Dazu gehört ein einfacher und verständlicher Projektfahrplan, der erklärt, was wann und warum passiert, sowie klare Wege, um Lob und Kritik einzubringen.

Der Nutzen aller Anstrengungen liegt meiner Meinung nach auf der Hand. Sicherere Alltagswege schützen Kinder und ältere Menschen. Ruhigeres Wohnen reduziert Stress und Lärmspitzen. Wer sich zu Fuß und mit dem Rad wohlfühlt, bleibt vor Ort und stärkt damit Nahversorgung, Vereine und das Leben in der Stadt. Kleine und gezielte Eingriffe sind zudem kosteneffizient und passen zum knappen Budget unseres städtischen Haushalts. Sie lassen sich modular umsetzen und bei Bedarf erweitern.

Fahrplan für die nächsten Monate

Ein realistischer Fahrplan könnte meines Erachtens mit einem schnellen Start in den ersten drei Monaten beginnen. Dazu gehören zum einen die Erhebung der Ausgangsdaten, sowie Gespräche mit der Schule und den Anwohnerinnen und Anwohnern. Weiterhin könnten markierte Kreuzungsbereiche, zwei rotierende Dialog Displays. Ein Testlauf für eine Schulstraße ist sicher wünschenswert und könnte zumindest angedacht werden. Hierzu bedarf es sicher auch einer Funktionsänderung des bestehenden Parkraums. Ob dies schon in den ersten Monaten möglich ist, bleibt aus meiner Sicht offen.

Brunnenstraße
Nicht nur an Wochentagen wird es hier zu bestimmten Zeiten voll. Brunnenstraße nach dem Kreuzungsbereich Müllerberg/Krumme Straße

In den Monaten drei bis sieben sollten erste behutsame Eingriffe in den bestehenden Verkehrsfluss erfolgen. Welcher Art muss sich aus den Notwendigkeiten ergeben, welche im Vorfeld mit allen Interessengruppen festgestellt werden. Auch eine Sperrung der Brunnenstraße für den Durchgangsverkehr könnte als eine der Maßnahmen am Ende erprobt werden. Parallel sollte festgelegt werden, wie die Wirkung der Maßnahmen gemessen und transparent veröffentlicht werden sollen.

Zwischen dem sechsten und zwölften Monat sollte die Bilanzierung der Maßnahmen erfolgen. Die Bilanz der einzelnen Maßnahmen bildet die Grundlage für die Entscheidung, welche Elemente dauerhaft bleiben und wo eine Feinjustierung sinnvoll ist.

Schlussgedanke

Verkehrsberuhigung ist kein Projekt gegen das Auto, sondern ein Projekt für Menschen. Es geht um sichere Wege, leise Wohnstraßen und ein faires Miteinander. Gerade in einer kleinen Stadt kann eine Reihe kleiner und gut begründeter Schritte spürbar viel bewegen. Wenn jeder und jede ein wenig mitmacht, die Geschwindigkeit anpasst, kurze Wege zu Fuß geht und Kreuzungen frei hält, kann die Brunnenstraße schon in wenigen Monaten deutlich an Sicherheit und Lebensqualität gewinnen. Politik und Verwaltung können dafür die passenden Instrumente bereitstellen. Wir alle füllen sie im täglichen Verkehr mit Leben.

In Gesprächen mit Anwohnerinnen und Anwohnern spielen neben den Leerständen, über die ich bereits in einem Beitrag geschrieben habe, die Verkehrssituation in der Brunnenstraße eine wichtige Rolle. Mit den vorliegenden Überlegungen möchte ich einen Beitrag zur Debatte um den Verkehr in der Brunnenstraße liefern. Damit erhebe ich weder Anspruch auf Vollständigkeit in meinen Überlegungen, noch darauf den einzig richtigen Weg formuliert zu haben. Das Ziel einer sicheren und lebenswerten Brunnenstraße ist es jedenfalls wert an den bestehenden Verhältnissen Änderungen vorzunehmen.